Horror Vacui – Das Schreiben:
Seit nun mehr fast drei Jahren gibt es uns als einen Zusammenschluss von mehreren Schreibenden, die wir kollektiv im digitalen Raum einen Theatertext schreiben. Wir erproben und dokumentieren unsere digitalen Werkzeuge und Strategien.
Am Ende der drei Jahre werden wir kollektiv einen Bühnentext geschrieben haben, der am 15. Oktober im Haus Rüschhaus am Centre for Literature zur Aufführung kommen wird.
Wir – die Schreibenden – sind Laura Eggert, Johanna-Yasirra Kluhs, Mia Sellmann, Ae Ran Kin, Lisa Kerlin, Anna-Lena Klapdor, Kathrin Ebmeier, Emese Bodolay und Almut Pape.
Das Ziel war klar: Wir wollten gemeinsam einen Text für die Bühne schreiben, der vielstimmig und vielschichtig ist. Das Thema, um das sich unsere Schreibreise dreht, sind weibliche Identitäten, wie sie sich uns präsentieren, wie sie uns übergeben wurden, wie wir sie weiterentwickeln möchten. Es geht um uns als als weibliche sozialisierte Personen und unsere Handlungsspielräume.
Im Prozess des Schreibens loten wir das künstlerische Potential von digitalen Arbeitsweisen aus. Was sind die Möglichkeiten einer Begegnung im digitalen Raum – wie begegnen wir uns im Schreiben, wenn wir gleichzeitig am selben Text arbeiten? Wie lernen wir uns kennen und was geben wir von uns Preis?
Über unseren explizit kollektiven und digitalen Zugang zu dem Thema, arbeiten wir an der Idee einer queerfeministischen Gemeinschaft, die sich als Schreibende als Gegensatz zum männlichen Einzelgenie positioniert. Dies betrifft vor allem den Prozess und die Arbeitsweise, in welchem dieser Text entsteht. Wir schreiben zusammen, vielstimmig, kollektiv im Dazwischen, in den Stunden die wir übrig haben, in den kurzen Begegnungen, die wir herstellen. Trotz der Widerstände schreiben wir an einem gemeinsam Text, wir suchen eine kollektive Stimme.
Der Schreibprozess ist für uns ein Austausch und ein Zusammenkommen in einem Medium, das uns ermöglicht, uns miteinander zu verweben und uns, fast bis zur Unkenntlichkeit, miteinander im Text zu verbinden.
„Horror Vacui“ – Der Test ist in einer Version fertig, nun geht es weiter!
Horror Vacui – Das Fest:
So entwickelte sich der Text über Jahre hinweg. Der Text wurde und wird von uns immer prozesshaftig gedacht, deshalb feiern wir im Oktober 2022 kein Buch, bzw. Stürckrelease, sondern übergeben ihn in seiner jetzigen Version direkt an Künstler*innen weiter, die den Text künstlerisch im Haus Rüschhaus des Center for Literatures bearbeiten und einer Öffentlichkeit zugänglich machen.
Wir haben also weitere Künstler*innen eingeladen den Text in seiner jetzigen Version in Szene zu setzen, ihn begehbar und erfahrbar zu machen. Nach einem Auftakttreffen im August, treffen wir uns im Oktober für eine Woche alle gemeinsam im Rüschhaus des Centers for Literature und arbeiten gemeinsam weiter an Horror Vacui. Wir, die Schreibenden, verstehen uns dabei als Host und Ansprechpartner*innen für die eingeladenen Künstler*innen, die sich auf die Räume des Rüschhauses verteilen und auf ihre eigene Weise mit dem Text arbeiten, ihn weiter spinnen, sich auch in unseren Text einweben. So arbeiten wir kontinuierlich weiter an dem Gedanken des kollektiven Geflechts, eines Zusammenkommens im Prozess.
Am 15.10.22 öffnen wir die Türen des Rüschhauses und laden Euch alle ein mit uns durch die Räume, durch den Text zu wandern, mit uns ins Gespräch zu kommen und zum Schluss zu feiern bis der Shuttle kommt.
Die eingeladenen Künstler*innen sind:
Magda Drozd (geb. 1987 in Warschau) lebt und arbeitet als Komponistin, Musikerin und Künstlerin seit 2011 in Zürich. Fieldrecordings und besondere Soundquellen verweben sich in Drozds Kompositionen immer wieder mit analogen und digitalen Instrumenten und eröffnen spekulative Räume.
Auf ihrem Debütalbum, «Songs for Plants», welches 2019 von Präsens Editionen veröffentlicht wurde, wurden Kakteen zu Instrumenten. Ihr zweites Album «18 Floors» (Präsens Editionen) untersuchte Ökologien des Zusammenlebens im Wohnhaus Lochergut Zürich. Magazine wie The Wire, Spex, self-titled Magazine, Fact Mag oder Boomkat haben ihre Alben besprochen.
Zudem war Drozd mit einem Live-Set auf SRF 3 (CH Beats), GDS.fm oder Stadtfilter zu hören und hat live u.a. in Zürich (Kauz Club, Bar3000, Sender, Stadtsommer, Rhizom Festival, Les Digitales), Luzern (Echolot Festival, Südpol), Lausanne (Association du Salopard), Turin (Imbarchino) und Paris (Oto Nove Swiss Festival) gespielt. Projekte und Konzerte führten sie international u.a. nach Detroit, Tokio, Berlin, Paris, Turin und New York.
Drozd’s Soundinstallationen wurden u.a. im OTO Sound Museum, in der Shedhalle Zürich, im Helmhaus Zürich, im sic! Raum für Kunst Luzern oder im Nationalpark Zernez gezeigt. Seit 2021 arbeitet Drozd als Komponistin mit der in Turin lebenden Künstlerin Laura Pugno für deren Videoarbeiten und Installationen zusammen und produziert für diverse Künstler*innen und Regisseur*innen Musik für Radio, Theater und Film.
Neben ihrer künstlerischen Karriere war Drozd von 2018 – 2022 als Leitung für Theater/Performance im Südpol Luzern tätig. (Foto: Philip Frohwein)
Friederike Haug studierte bildende Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf und im Anschluss Sprachwissenschaften an der dortigen Heinrich-Heine-Universität.
Ihre künstlerische Arbeit umfasst sprachbasierte Soundarbeiten, performative Objekte, Konzert-Performances, Performances mit Pantomimen, Kamera-Performances und Videos, Zeichnungen, Holzschnitte sowie Rauminstallationen (siehe www.friederikehaug.com). Mit diesem multimedialen Ansatz verfolgt sie Themen wie die Reibung zwischen persönlichem Erleben und (sprachlichen) Systemen. Dabei können humorvolle aber auch verstörende Ergebnisse entstehen.
In Kooperationen sucht sie außerdem den Austausch mit anderen Künstler*innen, sei es als Performerin, Tänzerin, Soundartist, Videoassistentin oder Sprecherin.
Akiko Ahrendt kommt aus Rüsselsheim und arbeitet als Musikerin und Performerin.
Sie entwickelt Formate, die die klassische Bühnensituation refektieren und hinterfragen.
Dafür geht sie gerne in den öffentlichen Raum oder die Natur. Sound, Musik und menschliche Beziehungen stehen dabei im Fokus, häufg ist die Arbeitsweise kollektiv oder in kleine Gruppen delegiert.
Akiko Ahrendt studierte Violine, Philosophie, Neue Musik und Medienkunst und hat sich als Performerin bei Nigel Charnok, Xavier Le Roy, Minako Seki u.a. weitergebildet. Sie war Stipendiatin der Internationalen Ensemble Modern Akademie, von Pact Zollverein, fausen+ und Kranichsteiner Preisträgerin der Darmstädter Ferienkurse, ist Mitglied von Contrechamps/Genf, Garage/Köln, des Rundfunktanzorchesters Ehrenfeld und tritt in ihren eigenen Formationen radikal translation, TONTRÆGER und der „orangen Gruppe“ auf. Unter dem Titel „RELEVANTE SYSTEME“ verbindet sie politischen Aktivismus mit Kunst und ist an deren Schnittpunkten interessiert.
G Cartone (he/they/none/honey)
Mich interessieren Zwischen-Räume, wie das Luftanhalten, wenn dir das nächste Wort nicht einfällt: Dort ist Platz für Fragen nach (Nicht-)Zugehörigkeiten, (Nicht-)Identitäten und (Nicht-)Marginalität. Wenn alle Referenzrahmen instabil werden, und Transformation der einzige fixe Punkt im Raum bleibt: Was erwächst aus der Bewegung?
G arbeitet an der Schnittstelle zwischen Text, Körper, Bild und Bühne und betrachtet die Zusammenhänge zwischen Sprache und Körper sowie Körper und Gesellschaft. Dabei spielt er mit Mehrsprachigkeit, Widersprüchlichkeit und Uneindeutigkeit. Gs künstlerische Arbeit verortet sich in der postmigrantischen und transfeministischen Praxis.
G wohnt aktuell in Leipzig und beschäftigt sich als Teil verschiedener Kollektive – wie dem Theaterkollektiv deine mudda und dem Performancekollektiv NICH OK – mit Fragen kollektiver Autor:innenschaft. Außerdem gibt G Workshops, die versuchen, durch Körperarbeit Empowerment zu stärken und somatische Herangehensweisen an gesellschaftliche Machtverhältnisse zu erproben. In seiner Freizeit spielt G außerdem bei der Impro-Punk-Band Marianne Kotzt Triangel.
Lokke Wurm (Dei/Denen/Derer), Russlanddeutsche:r, Clown*, Performer:in für Physikal Theater, Performance Künstler:in.
Lokke hat sich schon als Kind gerne verkleidet und wollte andere Rollen spielen die dei zugeschrieben wurden. 2009 Clownstudium in Mainz an der Schule für Clowns mit Abschluss. Danach folgten eigene Variete Formate, Straßenshows, Walkacts und Entertainment. Die Komik war nicht mehr ausreichend als Darstellungsweise also: 2015/2016 Physikal Theater Ausbildung nach Jacque Le Coque bei Absurda Comica mit Mina Tinaburri in Berlin. Zurück in Leipzig entstanden erste Abendfüllende Programme: „Der rote Faden ist mit Blut getränkt“. In dem Stück kommen die Themen heraus, die Lokke interessieren: diverse Identitäten ausleben ohne Klischees zu erfüllen, groteske und deformierte Körper, soziale Ungerechtigkeit in ihrer Absurdität aufzeigen. 2018 Gründung des feministischen Theaterkollektives „deine Mudda“. Die kollektive Arbeit öffnete Lokke neue Resourcen und zeigte gleichzeitig weitere diskriminierungs Ebenen. Seit 2021 (soweit Covid es zuließ) leitet Lokke Kurse/Seminare und Workshops zum Thema Empowerment, Bodywork und Clown*, arbeitet als Choach mit Theatergruppen und einzel Personen. Performt Solo und im Kolektiv.
Melissa Dullius (Porto Alegre, 1981) ist Künstlerin, Filmemacherin und Lehrerin. Sie begann als Autodidaktin in Brasilien um die Millenniumswende, beteiligte sich an Kunstgruppen, drehte und zeigte ihre ersten Filme und organisierte Ausstellungen. Zu dieser Zeit beginnt die Zusammenarbeit mit Gustavo Jahn. Nach ihrem Umzug nach Europa im Jahr 2006 bildeten die beiden Distruktur. (www.distruktur.com)
Zwischen Kunst und Film, experimenteller und narrativer Kunst, Fotografie und Bewegtbild überschreiten, nimmt ihre Arbeit verschiedene Formen an, wie Filme, Animationen, Installationen, Objekte, Textilarbeiten, Fotografie, Filmperfomance und Musik.
Seit den Anfängen arbeitet sie konsequent mit analogen Techniken wie dem 16-mm-Film, bis heute ihr Hauptmedium. Seit 2010 leitet sie Filmworkshops in verschiedenen Teilen der Welt. Sie ist eine der Gründerinnen des analogen Filmkollektivs LaborBerlin e.V.
Auch in Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen ist sie als Schauspielerin, Kamera- und Tonfrau, Produzentin, Cutterin, Filmvorführerin, Musikerin und Übersetzerin tätig.
Ihre Werke wurden in Museen und Galerien wie: Berlinische Galerie, Film Gallery/Paris, Contemporary Art Centre/Vilnius, SESC-Belenzinho und Paço das Artes, beide in São Paulo; sowie auf Festivals und im Internet: Forum Expanded der Berlinale, Videobrasil, Mostra de São Paulo, Curta Cinema/Rio, Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, Cinemateca do MAM/Rio und Kino Arsenal 3 gezeigt.
Bildnachweis: José Marçal (jose-marcal.format.com)
Bärbel Schwarz ist Performerin, Schauspielerin und Musikerin.
Studiert hat sie Schauspielerei an der UdK Berlin und ein Jahr and der Academy of Arts Reykjavik, Musik mit Hauptfach Jazzdrums an der Musikhochschule Basel.
Seitdem macht sie möglichst alles was irgendwie damit zu tun hat. Theatermusik, spielt in Bands, entwickelt Performances, spielt in Film und TV, spielt im Theater, kratzt die Miete zusammen, liebt Zusammenarbeit.
Marlin de Haan arbeitet an der Schnittstelle der bildenden und darstellenden Kunst. Sie beschäftigt sich mit den Spannungsverhältnissen von Körpern und Objekten im Raum und interessiert sich für die Möglichkeiten und Grenzen von Aktionsbereichen, Darstellungs- und Erzählformen. Marlin de Haan inszeniert Theaterstücke, Performances und Filme, entwirft Skulpturen, Installationen, Räume, realisiert Ausstellungen und Interaktionen. Sie arbeitet in unterschiedlichen Arbeitskonstellationen und zeigt ihre Arbeiten im Stadt-, Privat- und Kunstraum.
Foto: Frau Babic
Die Schreibenden sind:
Len Klapdor ist eine unabhängige Künstlerin und Romanautorin aus dem weitläufigen, multizentrischen Ruhrgebiet. Von klein auf von der Kunst des Geschichtenerzählens begeistert, hat sie Dutzende von Geschichten geschrieben und als Story-Entwicklerin für Spiele und Theaterprojekte gearbeitet. Im Jahr 2021 veröffentlichte sie ihren Debütroman, The Hand That Feeds, und arbeitet derzeit daran, diese Geschichte zu einem Storyverse zu erweitern. Horror Vacui entstand aus ihrer Idee, einen Raum zu schaffen, in dem Frauen* zusammen schreiben können. Len Klapdor ist autistisch, queer und lebt mit ihrer cyborgianischen Familie im Ruhrgebiet.
Kathrin Ebmeier wohnt in Köln und ist Künstler*in in verschiedenen Formaten. KE entwickelt immersivePerformances mit dem Kollektiv Anna Kpok. KE ist Initiator*in der Oval Office Bar, einer queeren Bar mit Solitresen. 2020 hat KE die Kunstausstellung GEISTER zu Arbeiterinnenkämpfen im Ruhrgebiet in der AdKdW/Köln konzipiert und umgesetzt. Als Aktivist*in etabliert KE queere & feministische Organisation (z.B.CSD Bochum, 8.März-Bündnis) und kämpft gegen strukturelle Diskriminierungen v.A. im Theater (z.B. Gründung des Arbeiterinnenstammtisch für FLINTA*-Beschäftigte des SSH BO).
Ae Ran Kim (*1981) ist in Seoul geboren und aufgewachsen. Sie hat Bildende Künste an der Korean National University of Arts in Seoul und freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf studiert.
Seit ihrem Abschluss 2013 lebt und arbeitet sie als freie Künstlerin in Düsseldorf. Sie arbeitet an Installationen mit Videoelementen sowie an Performances. 2018 erhielt sie den Förderpreis für Bildende Kunst der Landeshauptstadt Düsseldorf.
Almut Pape (sie/ihr) arbeitet als freie Dramaturgin und Künstlerin in Berlin und im Ruhrgebiet. Als Teil des Künstler*innen-Kollektivs Anna Kpok bewegt sich ihr künstlerisches Interesse zwischen Theater, Audio Walk, Installation und Literatur. Sie schreibt schon lange Kurzgedichte und forscht aktuell zu Hexenverbrennung auf Usedom. Im Oktober 2021 erschien ihre Kurzgeschichte „Das Huhn“ im Sammelband „Der schwarze Sog“ beim Insel Verlag.
Emese Bodolay (1987, Budapest) entwickelt gemeinsam mit dem Künstler*innenkollektiv Anna Kpok szenische Arbeiten, in denen die Hierarchie zwischen „Zuschauer*innen“ und „Produzent*innen“ immer wieder neu hinterfragt und bearbeitet werden. Ihr Interesse gilt der gemeinsam verbrachten Zeit und dem gemeinsam produzierten „Kunstprodukt“. Hierfür arbeitet sie sich an der Bildung von Gemeinschaften und Gemeinschaftsprozessen ab.
Bei der Konzeption ihrer Bühnenbilder für Anna Kpok geht sie ihrem Interesse für Popkultur und feministischer bildender Kunst nach und baut am liebsten begehbare Räume, in denen die Menschen was machen müssen. Bodolay hat zwei Kinder und einen Mann. (Foto: PLZZO)
„Ich bin die, die ab und zu alleine und kollektiv schreibt.“
Mia Sellmann (sie/ihr)
Laura Eggert ist freie Regisseurin und Musikerin. Sie war Mitglied des Jugendtheaters P14 an der Volksbühne Berlin, studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und Theaterregie an der Zürcher Hochschule der Künste.
Ihre multimedialen Inszenierungen bewegen sich zwischen Sprechtheater, Performance, Komposition und Installation. Als Musikerin arbeitet sie mit wechselnden Akteur*innen der freien Theaterszene. Zudem gründete sie das Elektropop-Projekt UNA RAY (linktr.ee/unaray).
Ihre Arbeiten wurden deutschlandweit und international auf Medien- und Performancefestivals (u.a. EMAF Osnabrück, de:sonanz Mazedonien, MEM Bilbao) und an verschiedenen Theatern (u.a. Volksbühne Berlin, Ballhaus Ost Berlin, Stadttheater Gießen) gezeigt (www.lauraeggert.de).