Mixed Realities Workshop Think[tänk]

Im Herbst 2017 zog sich Anna Kpok in ihr mixedRealities-Labor zurück und arbeitete intensiv an einem neuen interaktiven Live-Game, das sich in der Überlappung von Theater und Spiel mit den Konstrukten von virtuellen und realen Realitäten, Simulationen und simulierter Wirklichkeiten beschäftigen soll und dies zusammen mit den Zuschauer*innen neu verhandeln will. Der Workshop bestand aus zwei thematischen Blöcken:

Block I // Anna Kpok und ihr Data Double im VR-Labor.
Zusammen mit den beiden Anna Kpok-Experten Martin Degeling, der u.a. an der CMU Pittsburgh und der Ruhr-Universität Bochum zu Privacy Enhancing und Online Profiling arbeitet, und Henning Gebhard vom Institut für Digital Humanities der Universität Trier, konnten wir im ersten Teil des Workshops aus verschiedenen Perspektiven die Bedeutungen und Auswirkungen von Online Profiling und Machine Learning diskutieren: Von der Quantifizierung und Kategorisierung der Daten über die Verknüpfung zu Online-Profilen bis zu den Auswirkungen einer neu entstehenden Reputation Economy.  Dabei ging es auch um die praktischen Umsetzung: Wie kann man diese komplexen Prozesse auf der Bühne für die Spieler*innen erfahrbar machen? Wie stellt man diese meist unsichtbaren Zusammenhänge dar? Und wie entwickeln wir ein Data Double unseres Avatars, an dem die Probleme sichtbar werden und spielerisch „gelöst“ werden können? An diesen Fragen werden wir mit beiden Experten weiter arbeiten und nach Visualisierungen und technischen Möglichkeiten suchen.
Am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum konnten wir im Anschluss daran zur Recherche verschiedene Devices aus dem Bereich VR und Augmented Reality ausführlich testen und die verschiedenen Techniken kennen lernen.

Block II // Arbeit an Narration, Storytelling und Worldbuilding.
Der zweite Teil des Workshops bestand in der Konzeption und Entwicklung der Spielwelt Story für das neue Live-Game, vergleichbar etwa mit der Entwicklung von Stück und Spielfassung im Theater. Das Konstruieren einer ironisch-überspitzten, aber kohärenten Welt und Umgebung, die den Hintergrund der Story bildet, geht dabei Hand in Hand mit der Entwicklung der Narration, die wiederum eng verknüpft ist mit Gameplay und Spielsteuerung. Bei der Überprüfung der Ideen und Erzählstrukturen hat uns die Expertise von Robin Junicke geholfen, der sich in seiner kürzlich abgeschlossen Promotion mit unterschiedlichen Formen des Gamings auseinandergesetzt hat. Zusammen haben wir uns mit multi-linearem Erzählen im Game, Vereinbarkeit von Narration und Open-World-Struktur und spezifischen Problemen und Potentialen des Livegames beschäftigt.

Im Gespräch mit der Game- und Interaction Designerin Grit Schuster haben wir uns anschließend mit den Möglichkeiten und Notwendigkeiten digitaler Technologien auf der Bühne beschäftigt. Wie kann ein Theaterraum aussehen, der die unterschiedlichen Realitätsebenen innerhalb des Spiels vermittelt und die Trennung zwischen realer und virtueller Realität verwischt? Wie lassen sich diese Techniken ins Analoge übersetzen und mit einfachen Mitteln in den Bühnenraum übertragen? Wie schafft man es, dass der Raum über Sensoriken und andere technische Details zwar auf den Avatar, nicht aber auf die Aktionen der Spieler*innen reagiert, die nur über den Avatar vermittelt mit dem Raum interagieren sollen?

Bis zum Ende des Workshops entstand so ein erster Stückentwurf für ein Theatergame, das sich spielerisch mit Fragen des Realen/Virtuellen beschäftigt und sich dem Eigenleben unserer digitalen Identitäten nähert.

   Der Rechercheworkshop wurde gefördert von der Kunststiftung NRW.